Eusi Heimet – Unsere Heimat

Peter Belart spricht am 1. August im Dorfteil Gallenkirch. Ein Beitrag zum miteinander Heimat machen und Lebensqualität haben.

 

Liebi Bözbärgerinne und Bözbärger

Liebi usswärtigi Gäscht

Zerscht möcht ich mech bedanke, dass ich hütt, am 1. Auguscht, be Ihne uf em Bözbärg darf si und erscht no als Feschtredner! Das esch en grossi Ehr, ich weiss es.

Ich be käin Bözbärger; ich be z Brugg ufgwachse. Und glich verbindet mech ganz vell met em Bözbärg und met de Mönsche, wo do läbed. Scho als chline Pfüderi beni x Mol met em Vater uf de Bözbärg go laufe. Det het me glaub no dörfe id Linner Linde ine schlüüfe. Ich has ämel gmacht – und ha emmer echli Angscht gha, ob ich ächt au weder use chäm. Und uf de Heifahrt met em Poschtauto het de Herr Hachen zu säbne Ziite ame no strub a sine Hebel müesse umezie; kei Red vo Automatik oder so öppis. Do esch ame no Chraft gfrogt gsi.

Als Bueb beni es paar Mol z Egewil be de Familie Roth e de Ferie gsi; si send wiit usse verwandt met öis. I ha det ned nume Runggle in Schnätzler ine gschmisse und met ere komische, so villzaggige Gable Härdöpfel umegschuflet. Ich ha au dörfe a de Spaltmaschine schaffe, und das het mi eländ stolz gmacht, au wenns mer einisch es Gewaltigs zwackt het.

D Frau Roth esch e bsunders Liebi gsi. Si het verstande, dass ich als Stadtbueb rein gar niene i de Puurerei drus cho be, und si het mer liebevoll ghulfe, wo si nume het chönne. Zum Zmorge het si Bröisi und feins, sälber bachets Puurebrot uf de Tisch gstellt. Die ganz Familie esch am lange Chuchitisch gsässe, de Herr und d Frau Roth, di drü Chind, d Tante Miili, de Chnächt Euschenio und ich. Aber me het müesse warte und het erscht dörfe afo ässe, wenn d Frau Roth met de Morgeaadacht fertig gsi isch und bättet het.

Öppedie beni au i de Chile gsi, ha em Pfarrer Fröhlich mit sinere chärnige Sproch zueglost und be innerlich i Deckig gange, wenn d Tante Miili uf d Orgele losgstüüret esch und e d Taschte ghaue het. Einisch het mi de Herr Roth hinde ufs Töff gnoh, uf sini Vespa, und esch met mer vo Egewil uf Oberbözbärg übere gfahre. (D Stross esch det übrigens nonig teeret gsi.) Ich ha chuum getrout, mech underwägs a ehm z hebe, well ich so en Höllerespäkt vor ehm gha ha. Eine wie er, wo grad es paar Chüe metenand cha met de Geisle dirigiere und überhaupt e käi Angscht het vor de Ross im Stall – puah!

Ned wiit vo do, wo mer jetz stöhnd, het de Vater mi au s erschte Mol es paar Meter lo autofahre, wo-n-i öppe 14i gsi be. (Si müends jo ned wiitersäge!) Und das esch so gange: Es paar Tag vorhär esch er met em Auto im Dräck stecke bliibe. Ich be usgstege und ha gstosse, was i nume ha chönne. Fascht hätts glängt, aber eben nume fascht. Do het de Vater gseit: «Wenn ich hätt chönne stosse, wäre mer use cho. Du muesch jetz echli lehre autofahre.» Mer esch es rächt gsi, und vo det här hani mängisch im Sagemülitäli es Stückli wit dörfe fahre.

Scho als Erschtklässler hani s erschte Mol dörfe eleigge im Zält übernachte, und zwar uf de Waldliechtig hinde a Gallenkirch. Ned ganz eleigge; de Wernerli Zeier, wo no es Johr jünger gsi esch, het au welle metcho. Und wider Erwarte hämmer die Muetprob läbig überstande; käis Gschpänscht, kein böse Maa und käin Wolf, kein Löi und käin Bär het sech zeigt.

Als ganz junge Lehrer beni denn es paar Mol met Schüler am gliche Ort dusse ghocket. Mer händ es wisses Liintuech ufgspannt, en Generator aagloh, es paar Lampe azündet und händ glueget, was für Nachtfalter sech händ vom Liecht lo aalocke. A somene Obig hani einisch perfiderwiis öpper bstellt, wo hinder de Büsch esch cho umegeischtere. Er het echli tief und gfürchig gredet, und das het zemli Iidruck gmacht. Ich weiss no, wie en Schüeler gruefe het: «Kommen Sie sofort hervor, sonst schiessen wir!» Woni gmerkt ha, wie das Speli de Schuelchinder Angscht macht, hanis lo sii.

Wiso verzell ich Ihne das alles? Was het das met em 1. Auguscht ztue? – Ganz vell! Ich ha met dene und ganz e Huufe andere Abetüür de Bözbärg zumene Teil vo mer gmacht. Es esch mer ned gliich, was uf em Bözbärg und mit em Bözbärg gscheht. Ich be met dere Gegend verbunde, au familiär. Min Vater het es Ziitli do z Gallekirch gläbt, und jetzt wohnt öisi Tochter met ihrer Familie em gliche Huus. Und min Schwoger esch en Oberbözbärger, und – aufgepasst! – d Schwöschter vo mim Urgrossvater het au en Oberbözbärger ghürote. Sone ängmaschigi Verbundeheit met ere Gegend bedüütet nüt anders als Heimet. Ned nume d Stadt Brugg, au de Bözbärg esch für mech also Heimet, so wie allwäg für Si alli au.

Dorum fröits mech, wenn ich met eme alte Bözbärger über sin fascht glich alte Traktor tue rede. Es fröit mech, wenn ich en ehemalige Schüeler atreffe, wo jetz uf em Bözbärg wohnt. (Goran?) Es fröit mech, wenn ich vo Verein ghöre, wo aktiv send, sigs für d Natur oder für s Turne. Es het mi gfröit, wo mer en fründlichi jungi Püürin us Unterbözbärg ehre Hoflade zeigt het. Oder woni im Hafe unde en ganz bsunders schön pflegte Garte gseh ha. Es fröit mech, wenn ich vo de Aktivitäte vom Eltereverein oder vos Pfarrers ghöre. Es fröit mech, wenn ich e schöni Foti vo dere Gegend gsehne, uufgnoh vomene Fotograf us Linn oder eim us Oberbözbärg. Es fröit mech, wenn mer d Frau Wirtin vom Bäre aalüüted und vomene bsundere Ereignis verzellt. Es fröit mech, dass es z Linn en speziell schöne Garte und z Gallekirch bsunders feini Chriesi und süesse Honig get. Es fröit mech, wenn ich als Journalischt ha chönne meterläbe, wie sich d Lüüt für ihre Bärg iisetze, us wellne Gründ au immer. Und ich ha richtig Fröid gha, wo emol e jungi Frau vo Chilebözbärg esch es Praktikum be mer cho mache. Und denn fallt mer grad no en bekannte Aargauer Moler i, wo gsäit het, d Ussicht vo de Vierlinde is Aaretal abe sig öppis vom Reizvollschte, wo eim de Aargau a Naturschönheite chöni büüte. – Wie mängs Füür esch ächt hütt vo det us z gseh?

Do uf em Bözbärg ben ich uf de Bunker umegchläderet, do han ich gfüürlet und Würscht brötlet, do beni met em Schlitte dur de Schnee gschtapft, do het mi mängi Zecke besse, do beni x Mol d Römerstross duruf und durab gloffe, do hani met em Vater Pilz gsuecht, und do hani Niele gröikt. Heimet: Alles das ghört dezue. Alles das ghört für mech zum Bözbärg, zumene Stück Heimet und dorum ebe zum 1. Auguscht.

Nüüt het nume schöni Siite, und ich wott do s weniger Schöne ned eifach usblände. Es het e de letschte Johre uf em Bözbärg es paar Usenandersetzige geh i de Bevölkerig, das wüsse mer alli. Das esch jo eigentlech gar nüt Schlächts, im Gegetäil. Hoffentli au gets verschedeni Meinige, wenns zum Bispel um de Zämeschluss vo vier Gmeinde goht. So öppis Wechtigs cha me jo würklech underschidlich beurteile.

Es ghört zu de Grundrächt vo de Demokratie und vo öisem Staat, dass me zu sinere Meinig dörf stoh und si au öffentlich verträte, ohni müesse Angscht z ha, wäge dem belächlet oder usgschlosse oder verachtet oder sogar bedroht z wärde. Aber genau das esch do uf em Bözbärg passiert. Ich weiss vo Lüüt, wo sech gröbschti Schlötterlig und handfeschti Drohige händ müesse lo gfalle, nume well si en anderi Meinig verträte händ. Das esch gschämig, um so meh, als es drunder so Feigling gha het, wo das Ganze anonym gmacht händ. Zum Glück esch hütt Zobig niemer vo dene do, well dettig Lüt jo grad gar nüt vo de Demokratie verstande händ und sech dorum am 1. Auguscht au ned über öises Staatswäse chöned fröie. Im Gegsatz zu säbne wett ich gärn d Haltig vomene Ma us Umike als Vorbild härestelle. Woner gmerkt het, dass ich en anderi Meinig ha als er, het er gsäit: «Aha, du gsehsch das so, super, denn hämmer öppis z diskutiere! Chumm, mer gönd go es Kafi trinke!»

Sech usenandersetze und au um e Sach striite: Jo, das ghört dezue. Aber diskreditiere und drohe, das passt ned zu de Schwiiz und zu öisere Staatsuffassig. Grad jetz chöne mer meterläbe, wies i de Türkei zuegoht und was me det riskiert, wenn me en anderi Meinig het und si au usspräche tuet. Ganz sicher wott niemer, aber gar niemer vo öis, dass mer au emol so wiit chömed und nume no d Meinig vo eim einzige mächtige Maa zellt und alles andere verpöt esch oder sogar under Strof stoht. D Meinigsfreiheit und d Redefreiheit ghöred zu de allerwichtigschte Süüle vo öisem Staatswäse. Do gets rein gar nüt z rüttle dra.

Ich has am eigete Liib erläbt, was eim cha blüie, wenn me öppis anders säit oder schribt als das, wo gängigi Meinig esch. Es esch scho lang här, öppe 30 Johr, do ha-n-i inere Kolumne öppis gschrebe, wo vellne gar ned passt het. Ui, do esch aber es zümftigs Gwitter los gange! Ned nume ich, sogar mini Mueter esch bedroht und beschimpft worde, öpper het d Schuelpfleg ufgforderet, mer sofort z chünde, es het grobi Läserbrief ghaglet, und en ehemalige höche Offizier het mi tatsächlech zumene Ringkampf usegforderet, zum eso d Woret usezfinde!

Ich wär do für es ganz es anders Prinzip, nämli für das: «Intelligenz heisst, das Gegenteil immer auch für möglich zu halten.» En geniale Gedanke! Sech zerscht emol drüber klar wärde, was me sälber für e Meinig het und denn andere zuelose, anderi Argumänt überdänke und – «das Gegenteil immer auch für möglich halten».

So, das hani müesse loswärde.

Aber jetz esch gnueg gredet. Jetz wämmer is Ziit neh zum enand zuelose und anderi Meinige als di eigeti kennezlehre und debi s Zämesii gnüsse und s Wüsse, dass de Bözbärg öis allne Heimetgfüel get.

Ich dankene.

Peter Belart


Über Peter Belart

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Peter Belart 2016

Steckbrief:

Lehrer von der Primar- bis zur Gymnasialstufe. Erwachsenenbildner, Journalist bei einer grossen Tageszeitung und Chefredaktor einer regionalen Wochenzeitung. Ausgezeichnet mit dem Medienpreis der Kantone Aargau und Solothurn.

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